Öffentlichkeitsarbeit

Physikerin des Monats - November 2024

Melanie hat maßgeblich bei der Organisation des Tags der offenen Tür der Fachgruppe Physik am 8. Juni 2024 mitgewirkt. (Bild: Chloé Gaudu/BUW)

,,Hey! Ich bin Melanie Joan Weitz, bin 28 Jahre alt und komme aus Wuppertal. Mein gesamtes Physikstudium habe ich an der Bergischen Universität Wuppertal absolviert und befinde mich momentan in meinem ersten Promotionsjahr in der Astroteilchenphysik

Während meines Bachelor- und Masterstudiums habe ich mich auf den Bereich Atmosphärenphysik spezialisiert und bin sehr froh über die Möglichkeit, mein Wissen mit dem der Astroteilchenphysik verbinden zu können. Meine Promotionsarbeit befasst sich mit dem Aufbau eines Detektors zur Blitzvermessung am Pierre Auger Observatorium, dem größten Observatorium zur Detektion von ultra-hochenergetischer kosmischer Strahlung. Das Ziel ist, damit die verschiedenen Ausbildungsstadien eines Blitzes zu untersuchen und mit einem hoch-energetischen atmosphärischen Phänomen zu verbinden.

Während meines Physikstudiums habe ich mich, neben meinen Arbeiten als studentische und wissenschaftliche Hilfskraft in unterschiedlichen Bereichen, auch ehrenamtlich sehr stark engagiert. Im Rahmen meiner Tätigkeiten in der Fachschaftsabteilung Physik habe ich nicht nur eine Menge lustiger Momente erlebt, sondern auch viele organisatorische Aufgaben übernommen, wie beispielsweise die Position der Kassenwärtin des Fachschaftsrates der Fakultät 4, den damit verbundenen Finanzerposten der Fachschaftsabteilung Physik und dem Mitwirken an der Reakkreditierung des Physik Studienganges 2019. Mit diesem Erfahrungsschatz wurde ich von der Fachgruppe Physik als eine von zwei Leitungen des Organisationsteams für den Tag der offenen Tür der Physik 2024 eingesetzt, wo ich die Veranstaltung mit organisiert und gemanagt habe. Dieser fand am 08. Juni 2024 statt und das Foto von mir wurde an dem Tag aufgenommen.‘‘

Was war deine Motivation, Physik zu studieren?

,,Meine Motivation war die grundlegende Frage, wie die Welt funktioniert - tatsächlich so einfach. Ich hatte zudem Glück, dass ich einen sehr guten Lehrer in meinem Physik-Grundkurs in der Oberstufe hatte, der mir jede Verständnisfrage beantwortet und mich bestärkt hat. Als ich mich dazu entschieden hatte, als drittes Abiturfach Physik als einzige in der Jahrgangsstufe zu wählen, hat er nicht nur den gesamten relevanten Lehrstoff in einem ansonsten eher mäßig motivierten Kurs durchgenommen, sondern auch mit mir an einem Tag zur Abiturvorbereitung in der Physik-Sammlung gesessen, um mit mir jedes Thema noch einmal durchzugehen, während der Physik-Leistungskurs nebenan dasselbe getan hat.  

Damit hat er mir einen Safe Space geboten, mich hinsichtlich meiner Neugierde und meinem Wissensdurst frei entfalten zu können. Damit wurde mein Interesse an dem Fach Physik vollständig geweckt und ich beschloss letztendlich, ein Physikstudium anzufangen.‘‘ 

Woran arbeitest du gerade und um was geht es dabei?

,,Ich habe Anfang des Jahres meine Promotion in der Astroteilchenphysik beim Pierre Auger Observatorium angefangen und wie bei meiner Einleitung erwähnt, habe ich mich zuvor auf den Bereich der Atmosphärenphysik spezialisiert. Ich bin sehr froh an einem Thema arbeiten zu können, dass sich mit einem hoch-energetischen atmosphärischen Phänomen befasst und ich so mein vorheriges Fachwissen mit einbringen kann.

Meine Promotionsarbeit befasst sich mit dem Aufbau eines interferometrischen Detektors zur Blitzvermessung auf dem Gelände des Pierre Auger Observatoriums oder anders formuliert: ich baue mit Radio-Antennen einen Detektor in der argentinischen Pampa auf, um die unterschiedlichen Stadien eines Blitzes sowohl räumlich als auch zeitlich in hoher Auflösung zu beobachten. Die physikalische Fragestellung, die mit dem Aufbau dieses Detektors beantwortet werden soll, ist die Verbindung von Gewittern, deren Blitzen und sogenannten terrestrischen Gammablitzen (engl.: terrestrial gamma-ray flashes), welche im Jahr 1994 das erste Mal mit den acht Detektoren des 'Burst and Transient Source Experiment'-Satelliten beobachtet wurden und damit ein eher neues Forschungsgebiet sind.  Ein Gammablitz ist ein Ausbruch von Gammastrahlung, welcher Mikro- bis Millisekunden andauert, und innerhalb der Erdatmosphäre während Gewittern auftritt. Als Auslöser der Gammablitze gelten die Blitze, die wir sehen und hören können und bis zu Sekunden andauern können. Es ist jedoch unklar, welches Stadium des Blitzes in der Produktion des Gammablitzes involviert ist und welche Eigenschaften ein Gewitter haben muss, um Rahmenbedingungen für die Erzeugung von Gammablitzen zu schaffen.‘‘

Mit welchem Klischee möchtest du aufräumen?

,,Dass Physik Männersache ist und Frauen, welche Physik studieren, dies direkt in Verbindung mit einem Lehramt tun. Dazu gehört auch das Vorurteil, dass, wenn man eine der vermeintlich wenigen Frauen in der Physik ist, man eine ,graue Maus' sein muss, welche unter anderem introvertiert, schüchtern und unauffällig ist.

Zuerst zum ersten Teil: Den Satz ,Du studierst Physik? Echt!? Aber sicherlich auf Lehramt, oder?' habe ich so oft hören müssen während meines gesamten Studiums, dass ich es einfach leid bin, mich immer wieder erklären oder sogar rechtfertigen zu müssen. An einem Lehramtsstudium ist in jedem Fall nichts Falsches dran. Ich habe so liebe, schlaue und motivierte Menschen getroffen, die Physik auf Lehramt studieren, dass ich mir sicher sein kann, dass alle Schüler:innen in deren Physikkursen auch denselben Safe Space erhalten werden wie ich. Mich stört die direkte Klassifizierung, dass man ,als Fraudem reinen Physikstudiengang nicht angehören kann.

Nun zum zweiten Teil: Ich wurde leider aufgrund meines Äußeren und auch teilweise meines Charakters in der breiten Gesellschaft nicht immer als Physikerin ernst genommen. Einige Personen dachten, ich würde einen Scherz machen. Andere wiederum fingen an, mich mit Fragen mit (vermeintlichem) physikalischen Hintergrund zu löchern. Leider bin ich damit nicht alleine: viele Physikerinnen in meinem Umfeld haben das auch über sich ergehen lassen müssen. Ich hoffe sehr, dass sich das in Zukunft ändert, da die Anzahl der Physikstudentinnen sich erhöht hat und sich somit das Vorurteil von wenigen Frauen in der Physik fälschlicherweise hält. Außerdem zeigen Formate wie beispielsweise ,Physikerin des Monats’ noch einmal wie divers Physikerinnen sind und tragen damit zur Aufklärung bei.‘‘

Was möchtest du anderen, insbesondere Frauen, in der Physik auf den Weg geben?

,,Versuche immer daran zu glauben, dass du es schaffen kannst. Und wenn es einmal nicht klappt, die Motivation aufrecht zu erhalten, du verzweifelt bist und gerade dabei bist, alles infrage zu stellen, dann such dir jemanden mit dem du reden kannst. Diesen Punkt erreicht jede Person mindestens einmal und es ist auch überhaupt nicht schwach oder dumm sich das einzugestehen - man wird jeden Tag im Physikstudium an sein Limit gebracht und das kann auf Dauer mental sehr stark belasten. Also: Versuch, Anschluss zu finden, und selbst wenn es anfangs schwierig ist, hat man danach Menschen um sich herum, die einen verstehen und einen durch diese Zeit begleiten. Das hat großes Freunde-fürs-Leben Potenzial :)

Und um die Antwort nicht abschreckend stehen zu lassen: ja, ein Physikstudium ist hart, aber man hat damit auch sehr große Möglichkeiten, über sich hinaus zu wachsen und seine Grenzen immer wieder neu zu entdecken. Man ist in jedem Fall nicht unterfordert oder gar gelangweilt, da man immer wieder neue Herausforderungen oder in neue Rabbit Holes geraten kann (da spreche ich wirklich aus Erfahrung).‘‘

Was ist dein Ausgleich in der Freizeit?

,,Meine große Leidenschaft ist das Tanzen und ganz vorne mit dabei das sogenannte Social-Dancing. Ich liebe es, Kizomba, Salsa und Bachata zu tanzen und das am besten auf Tanz Parties. Dort lernt man ganz viele neue Menschen (teilweise aus den unterschiedlichsten Ländern) kennen, da man durch das Rotieren beim Tanzen ganz vielen Neuen begegnet. Ich fahre dafür sogar manchmal für ein ganzes Wochenende auf ein Tanzfestival, wo man fast die ganze Zeit durch tanzen kann und einen nur das Schlafen, Essen etc. davon abhalten, weiter zu machen!

Da das Tanzen bis in die Morgenstunden nicht immer möglich ist, betreibe ich aktives Stretching (eine Mischung aus Pilates und Yoga), Acro-Yoga und gehe auch gern Bouldern. Ich stricke aber auch super gern und bastle personalisierte Karten, die ich in meinem Freundes- und Bekanntenkreis verschenken kann.‘‘

Was macht den Ort Wuppertal zum Arbeiten für dich aus?

,,Wuppertal ist als Stadt eine super gute Wahl, da man noch nicht DIE große Wohnungsnot hat, es super schöne grüne Ecken gibt  und man auch gut sowie schnell nach Köln und Düsseldorf kommt (ich sage euch, die Tanzszene ist super hier!). Wenn man sich auch noch entscheidet Physik zu studieren, hat man nicht nur ein gutes ,Lehrenden-und-Studierenden-Verhältnis', sondern auch im wissenschaftlichen Kontext eine große Auswahl. Man hat schon früh die Möglichkeit, an großen und renommierten Kollaborationen, wie beispielsweise dem Pierre Auger Observatorium, mit zu arbeiten und Einblicke zu erhalten.‘‘

Vielen Dank für das Interview, Melanie!

Mehr Informationen zur Astroteilchenphysik gibt es hier.

Am 1. Mittwoch eines Monats wird hier die neue ,,Physikerin des Monats'' vorgestellt.

Die vollständigen Interviews der ehemaligen ,,Physikerinnen des Monats'' gibt es unter diesem Link.

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Ehemalige Physikerinnen des Monats

Zu den Interviews

Die Interviews der ehemaligen ,,Physikerinnen des Monats'' gibt es unter diesem Link.

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