Theoretische Teilchenphysik
Das Ziel der theoretischen Elementarteilchenphysik ist es ein möglichst einfaches, dabei aber wirklichkeitsnahes mathematisches Modell der fundamentalen Bestandteile des Universums und deren Wechselwirkungen zu erstellen. Sehr wichtig ist es dabei die Konsequenzen, die so ein Modell mit sich bringt, im Detail zu verstehen, und so experimentell testbare Vorhersagen zu machen. Das können Berechnungen von Wirkungsquerschnitten für Beschleunigerexperimente sein, oder aber, und das ist der Schwerpunkt an der Bergischen Universität, die Klärung von fundamentalen Fragen wie:
- Welche Masse haben Protonen und Neutronen und wie sind sie aufgebaut?
- Welche anderen "Hadronen" sagt das Standardmodell vorher? Gibt es darunter Exoten, wie
Gluebälle, Tetraquarks oder Hybride?
- Welches Magnetfeld hat ein Muon?
- Wie stark sind die starken Kernkräfte?
- Welche fremdartigen Phasen kann Materie annehmen, und welche Rolle spielte das im frühen Universum?
Viele solcher Fragen lassen sich nur durch die numerische Auswertung von stark gekoppelten Quantenfeldtheorien auf Höchstleistungsrechnern zulänglich beantworten. Von der mathematischen Formulierung, über die Entwicklung von geeigneten Algorithmen und deren effizienter Implementierung bis hin zu modernster Datenanalyse, werden zahlreiche interessante Themenfelder der Mathematik, Informatik und Physik von den ansässigen Arbeitsgruppen bearbeitet.
Forschungsgruppe Knechtli
Die Forschungsgruppe von Prof. Knechtli befasst sich mit Simulationen der Theorie der starken Wechselwikung, der Quantenchromodynamik (QCD) auf dem Gitter. Insbesondere werden im Rahmen der DFG Forschungsgruppe "Zukünftige Methoden für Studien von eingeschlossenen Gluonen in QCD (FOR 5269)" neuartige Algorithmen entwickelt. Die Interessen der Gruppe sind die Physik von Charmonium, Gluebällen und Hybrid Mesonen, das statische Potential und die Berechnung der starken Kopplungskonstante. Außer QCD werden auch Eichtheorien in 5 Dimensionen und Spinmodelle mit Hilfe von Monte Carlo Simulationen untersucht.
Forschungsgruppe Hölbling
Der Arbeitsschwerpunkt von Prof. Hölbling liegt in der numerischen Behandlung von Quantenfeldtheorieen. Neben Rechnungen in der phänomenologischen Gitter-QCD, deren Ziel vor allem Konsistenztests des Standardmodells und damit zusammenhängend die Suche nach neuer Physik sind, beschäftigt er sich auch mit konzeptuellen und algorithmischen Fragen von diskretisierten Quantenfeldtheorieen. Dazu zählen, neben dem Verständnis von chiraler und anderen Symmetrien auf dem Gitter, vor allem die Konstruktion von verbesserten Wirkungen. Darüberhinaus beschäftigt sich Prof. Hölbling mit der Echtzeitdynamik von Quantenfeldern und deren Wechselwirkung mit semiklassischer Gravitation. Zu der Website von Prof. Hölbling geht es hier
Forschungsgruppe Günther
Der Forschungsschwerpunkt von Prof. Günther ist die Erforschung des QCD-Phasendiagramms mit Methoden der Gittereichtheorie. Insbesondere beschäftigt sie sich mit dem Verhalten von QCD-Materie bei endlichen Dichten, was eine besondere Herausforderung für Gitter-QCD-Rechnungen darstellt. Hier verhindert das berüchtigte "Sign-Problem" die Verwendung der etablierten Monte-Carlo-Simulationen, weswegen neue Methoden gesucht oder Extrapolationen verwendet werden um QCD in diesem Bereich zu lösen. Die so gewonnen Erkenntnisse können zum Verständnis von Schwerionen-Kollisionen an Teilchenbeschleunigern genutzt werden um die dort gewonnen Ergebnisse theoretisch aus ersten Prinzipen zu erklären. Um die experimentellen Bedingungen in Gitter-QCD-Simulationen abbilden zu können verwendet Prof. Günther die Methode der analytischen Fortsetzung von imaginärem chemischem Potential.